02.12.2021 | Berlin
Die Bewährungsphase ist längst bestanden – Biomassevergasungsanlagen sind ein verlässlicher Teil kommunaler und gewerblicher Energieerzeugung. Dies zeigte die 11. Anwenderkonferenz mit bemerkenswerten Beispielen aus Deutschland, Italien und Österreich.
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Biomassevergasung als wirksamer Teil der Kreislaufwirtschaft
Die energetische Verwertung von Biomasse erlebe in der Europäischen Union eine Renaissance. Bei dieser Botschaft der European Biogas Association waren die knapp 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hellwach. Das deutsche Hauptstadtbüro Bioenergie sah ebenfalls optimistisch in die Zukunft: Die Bundesregierung wolle der Bioenergie eine neue Zukunft geben und gerade mit dem Ausbau der Wärmenetze der Branche eine Perspektive ermöglichen. Was alle Experten teilten – so auch der Österreichische Biomasseverband: Gerade Holz benötige angemessene Nachhaltigkeitskriterien und keine überzogene Einengung, die sich bei manch europäischem Vorstoß befürchten ließe.
Kriterien und Normen spielten auch bei dem Forschungsvorträgen eine große Rolle: Zwei ausgewiesene Expertinnen des Management Instituts in Innsbruck und des Deutschen Biomasseforschungszentrum präsentierten Ergebnisse zur energetischen und stofflichen Verwertung von Vergaserkoks bzw. Pflanzenkohle. Die inhaltliche Zusammensetzung dieser wertvollen Reststoffe unterscheidet sich von Anlage zu Anlage erheblich. Das ist auch in Ordnung so, denn die Anforderungen an die unterschiedlichen Anwendungen – sei es als Beimengung in Baustoffen, als Brennstoff oder als Bodenverbesserer in der Landwirtschaft – gehen ebenfalls auseinander. Das Fazit: Damit Betreiber wissen, wo das Geschäftsfeld für ihre spezifische Pflanzenkohle liegt, benötigen sie klare Produktnormen. So kann die Biomassevergasung in Zukunft eine wesentliche Rolle in der Kreislaufwirtschaft erfüllen. Und darüber hinaus sogar einen Beitrag zur dringend benötigten Kohlenstoffsenke leisten.
Die eh schon rege Beteiligung der Teilnehmer*innen stieg noch einmal an, als die Praxis in den Mittelpunkt rückte. Als erstes fiel auf: Längst sind Holzgas-Anlagen eine ausgereifte Technologie. Günstige Emissionswerte, Brennstoffflexibilität, hohe Steuerbarkeit und Systemintegration, Fern-wartung und überschaubarer Betreuungsaufwand – der Markt hält verlässliche Lösungen für un-terschiedliche Anforderungen bereit. Was die Geschäftsmodelle angeht, so zeigt sich überraschend deutlich: Die Wärmeproduktion ist das neue Brot- und Butter-Geschäft der Biomassevergasung. Ob es die Stadtwerke im italienischen Brixen sind, eine Tourismusregion in den Alpen, ein Energieversorger, der eine Fernwärmenetz speist oder ein Spa-Hotel als Autarkieprojekt – sie alle setzen auf die Produktion erneuerbarer Wärme mittels Holzgas.
Und die Wirtschaftlichkeit? Die verschiedenen Referentinnen und Referenten zeigten, dass sich der wirtschaftliche Betrieb von Biomasse-KWK-Anlagen verbessert hat und weiter verbessern wird. Gründe dafür sind steigende Börsenstrom- und CO2-Preise bei gleichzeitig fallenden Produktions-
kosten für Strom und Wärme aus erneuerbarer Biomasse.
Für die Zukunft prognostizierte Prof. Jürgen Karl von der Universität Erlangen-Nürnberg drei entscheidende Geschäftsfelder: die direkte Gaseinspeisung, die Produktion von biogenem Wasserstoff und die Vermarktung der Pflanzenkohle. Ob sich das erfüllt? Die nächste Anwenderkonferenz wird es zeigen.
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Seit 2007 ist die Internationale Anwenderkonferenz die wichtigste Leistungsschau für Biomassevergasung und Holzgas. Investoren informieren sich hier über die aktuellen Anlagentechnologien und Geschäftsmodelle. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhalten einen Überblick über die wichtigsten Forschungsvorhaben.
Am 02. Dezember 2021 fand die 11. Anwenderkonferenz Biomassevergasung statt.
Die Fördergesellschaft Erneuerbare Energien e.V. (FEE) ist ein Innovationsnetzwerk im Bereich der umweltfreundlichen Energietechnologien. Der gemeinnützige Verein vernetzt innovative kleine und mittlere Unternehmen, Forschungseinrichtungen und technische Experten in den Bereichen Wärmewende und regenerative Gase.
Die einzelnen Vorträge zum Download
Politik
- Dr. Günther Herdin | Die Rolle der Biomassevergasung in einer erneuerbaren Energiewirtschaft
- Michael Niederbacher | Europa und die RED III – was bedeutet das für die energetische Verwertung von Biomasse?
- Sandra Rostek | Der Stellenwert der Bioenergie im Koalitionsvertrag der neuen deutschen Regierung
- Dr. Georg Klene | Regulatorischer Rahmen in Deutschland: Was braucht erneuerbare KWK für ihren Durchbruch?
Forschung
- Prof. (FH) Dr. techn. Angela Hofmann | Produktion von Energie und Aktivkohle aus kommunalem Rest- und Altholz
- Dr. Annett Pollex | VergaFlex: die stoffliche und energetische Verwertung von Reststoffen aus Holzgas-KWK-Anlagen
- Prof. Dr. Christoph Pfeifer | Perspektiven der thermochemischen Vergasung aus Sicht der IEA Bioenergy
Praxis
- Christoph Posch | CO2-neutral mit SynCraft: die Produktion von Wärme, Strom und Pflanzenkohle in Ternitz
- Josef Lax | Mit Burkhardt-Holzgasanlagen hin zu Klimaneutralität – das Projekt Katschberg
- Dr. Christoph Walla | POLY H.E.L.D. – ein Leuchtturmprojekt im Wienerwald
- Daniel Bacher | Anwenderfreundliche Holzgas-KWK-Anlage der Stadtwerke Rosenheim in Brixen
- Dirk Klein | GLOCK-Holzgas als Baustein zur Energieautarkie – das Beispiel Haffhus
Zusammenfassung & Ausblick
- Prof. Dr. Jürgen Karl | Möglichkeiten und Grenzen der Biomassevergasung